Fehlendes zu sehen, ist schwieriger als das in den Blick zu nehmen, was da ist und was gerade dadurch, dass es da ist, verletzt und zerstört. Sicher liegt darin ein Grund, warum im Kinderschutz immer noch von einer "Vernachlässigung der Vernachlässigung" gesprochen werden muss, wie D. McSherry es bereits im Jahr 2007 in einem Artikel getan hatte, den sie mit der Frage überschrieb "Warum machen wir aus einem Berg einen Maulwurfshügel?". K. von Klitzing spricht in einer neueren Publikation (Stuttgart 2022, Klett Cotta) von der "vernachlässigten Epidemie" und ruft in Erinnerung, dass nur 5% aller misshandelten Kinder ausschließlich körperlich und sexuell misshandelt worden sind, die größte Gruppe aber neben körperlicher Misshandlung zugleich auch emotionale Misshandlung und Vernachlässigung erlebt hat.
In unserem Seminar wollen wir die Erfahrung der Vernachlässigung in den Mittelpunkt stellen und uns dabei vor allem vergegenwärtigen, wie sie aus der Perspektive der betroffenen Kinder erlebt wird. Neben den vielfältigen Formen materieller, körperlicher, interaktioneller, geistiger und sozialer Vernachlässigung legen wir auf die vielfältigen Formen der emotionalen Vernachlässigung und Misshandlung einen besonderen Schwerpunkt.
- Wie gelingt Prävention?
- Wie lässt sich frühzeitig wahrnehmen, was fehlt?
- Welche Unterscheidungen sind von Bedeutung?
- Wie kann eine valide Diagnostik gelingen, die relevante Erwachsene (Eltern, Fachkräfte, Jugendämter, Gerichte) von der Not der betroffenen Kinder überzeugt?
- Mit welchen Auswirkungen muss gerechnet werden, wenn nichts geschieht?
- Was brauchen Kinder und Pflege-/Eltern, die mit den Folgen leben müssen?
- Wie sehen hilfreiche Interventionen aus, die Eltern zu erreichen vermögen und für Kinder einen Unterschied machen?
Unser Seminar richtet sich an Fachkräfte in den Jugendämtern und bei freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, an Familienrichterinnen und -richter und andere Beteiligte in familiengerichtlichen Verfahren sowie an Pflegeeltern, die mit den gravierenden Auswirkungen vernachlässigter Vernachlässigung tagtäglich zu kämpfen haben.
Hanna Wehmschulte
Sozialarbeiterin (B.A.), insoweit erfahrene Fachkraft im Kinderschutz, Video-Home-Trainerin. Seit 6 Jahren im Caritas-Kinder- und Jugendheim in Rheine tätig. Gruppenleitung der Stationären Familienarbeit. Zielgerichtete Diagnostik, Stärkung der elterlichen Erziehungsfähigkeiten und Förderung einer gesunden Entwicklung der Kinder durch intensive Betreuung, Unterstützung und gezielte Interventionen in der Stationären Familienarbeit.
Justinus Jakobs
Diplom-Theologe, Heilpraktiker (Psychotherapie), Systemischer Familientherapeut und Mediator, Trauma orientierter Körpertherapeut (Somatic Experiencing, PBSP), insoweit erfahrene Fachkraft im Kinderschutz. Seit 21 Jahren im Caritas-Kinder- und Jugendheim in Rheine tätig. U.a. Diagnostik mit Kindern, Jugendlichen und Eltern sowie Arbeit mit Herkunftseltern im Heilpädagogischen und Psychologischen Dienst. Beratung von Pflegeeltern und Arbeit mit Pflegekindern. Einige Jahre lang Leitung einer integrierten Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung im Emsland. In Münster in eigener Praxis tätig.
Seminar für Pflegeeltern sowie Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Familienrichterinnen und -richter und andere Beteiligte in familiengerichtlichen Verfahren, Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen, Regel- und Förderschulen (8 Fortbildungseinheiten à 45 Minuten, begrenzt auf 15 Teilnehmende)
Caritas-Kinder- und Jugendheim
Unlandstraße 101, 48431 Rheine - TaZ
- 9.30 Uhr: Ankommen und Empfang mit Stehkaffee
- 10.00-12.00 Uhr: Seminar
- 12.00-13.00 Uhr: Pause und Mittagsimbiss (auch vegetarisch und vegan)
- 13.00-17.00 Uhr: Seminar
Teilnahmebeitrag
- 50 Euro für Pflegeeltern, die alleine teilnehmen
- 90 Euro für Pflegeeltern, die als Paar teilnehmen
- 120 Euro für Fachkräfte